Mit Sonnenschein und blauem Himmel hieß uns Nelson im Norden der Südinsel willkommen. Von der Stadt bekamen wir vorerst nur wenig mit - abgesehen von der Bibliothek, die dank freiem Internet wieder einmal von (hauptsächlich deutsch sprechenden) Backpackern überflutet war. Großartig: Hier passen wir also nicht nur ins Backpacker-Klischee, sondern auch ins Stadtbild!
Frans und Larrys Haus, rechts der Barber-Shop |
"Unser" Schlafzimmer :) |
Nachdem wir uns fürstlich in den Samstag geträumt hatten, fuhren wir nach dem Frühstück zum Nelson Saturday Market, einem zugegeben sehr touristischen, aber bunten Wochenendmarkt. Dort gibt es allerhand Futterbuden (z. B. Thai-Food, russische Blinis, österreichische Apfelstrudel und holländische Muffins...), frisches Obst und Gemüse, aber auch Klamottenstände, Kunst und Kunsthandwerk. Und an jeder Ecke dringen Fetzen deutscher Sprache an unsere Ohren. :)
Das Zentrum von Nelson ist gesäumt von kleinen und größeren Boutiquen, Restaurants, Kneipen und Cafés und es gibt sogar einen deutschen Fleischer. An jeder Ecke stehen Straßenkünstler und Musiker und das Stadtbild ist unendlich einladend! Deshalb waren wir der einhelligen Meinung, dass wir es uns sehr gut vorstellen könnten, länger hier zu bleiben und es saucool wäre, einen Job zu finden. So wanderten wir wieder einmal von Laden zu Laden, um auch hier freundlich nach Arbeitsstellen zu fragen, dann aber lediglich mit wenig Aussicht auf Erfolg unsere Lebensläufe zurückzulassen.
Unser nächstes Ziel an diesem sonnigen Samstag (ihr habt euch indes wohl bei -20°C die Nase abgefroren) war der geographische Mittelpunkt Neuseelands. Er befindet sich nur wenige hundert Meter vom Markt entfernt und ist, wie es der Zufall so will, auf einem Aussichtshügel gelegen. Okay, es ist kein Zufall: Dieser Punkt ist nicht das absolute Zentrum des Landes, sondern wurde früher als Ausgangspunkt für Landvermessungen genutzt. Das eigentliche Zentrum liegt etwa 40km entfernt von Nelson inmitten unspektakulären Gestrüpps. Täglich stromern jedoch zahlreiche Neuseeländer und Touris auf den Hügel, der sich mitten im Botanischen Garten befindet. Ein weiterer geschichtsträchtiger Ort ist der Fuß des Botanical Hill, wo im Jahr 1870 das aller-aller-aller-erste Rugby-Match Neuseelands stattgefunden hat.
Am Abend verwöhnte uns Fran mit selbstgemachten Hamburgern und Pommes. Vom Markt hatten wir außerdem frische Beeren und Eis mitgebracht und somit fühlten wir uns fast wie beim Couchsurfing, auch wenn Fran und Larry davon bisher noch nichts gehört hatten. ;) Auf Frans Vorschlag hin liehen wir uns für den nächsten Tag ihre Fahrräder aus und fuhren zur nahegelegenen Halbinsel "Rabbit Island". Fragt uns bitte nicht, woher der Name kommt, Hasen haben wir jedenfalls keine gesehen. Stattdessen fühlten wir uns in die Wälder Deutschlands zurückgebeamt - zumindest, wenn man den Blick von der Tasman Bay abwendet.
Am Abend fuhren wir mit Fran zum Sarau-Festival (ein Festival, das der Johannisbeere huldigt) nach Upper Moutere. Norddeutsche Siedler hatten sich hier vor über 160 Jahren niedergelassen und ihre neue Heimat "Sarau" getauft. Infolge des Ersten Weltkrieges und der sich daraus entwickelten antideutschen Stimmung wurden jedoch viele der Ortsnamen ins Englische umgewandelt, so dass der Ort seit 1917 Upper Moutere heißt. Die hiesige Lutheraner Kirche, viele der Straßennamen und einige Namen der zahlreichen Weingüter hier erinnern noch heute an die deutschen Siedler.
Diese "Settler's Cottage" (Siedlerkate) wurde 1910 von einer deutschen Familie errichtet. Nach historischen Methoden restauriert steht sie heute der Öffentlichkeit zur Verfügung |
Und noch eine kleine Rundfahrt mit Fran ins nahe gelegene Ruby Bay, wo in einigen Wochen unser Apple-Picking-Job starten sollte. Blick auf die Tasman-Bucht. |
Wir waren gerade in Motueka, 50km nordwestlich von Nelson, bei einem (sehr zwielichtigen, deshalb unerwähnt bleibenden) Couchsurfing-Host angekommen, als uns Fran eine SMS und eine Handynummer schickte: "Ruft diese Nummer an, die könnten einen Job für euch haben. Sein Name ist John." Ohne auch nur die geringste Hoffnung auf Erfolg folgten wir der Anweisung und siehe da: "Könnt ihr morgen früh 7.45 Uhr in Upper Moutere sein? Dann finden wir was für euch!" Unglaublich wie sich die Dinge manchmal zurechtrütteln! Nach einer Nacht im Chally (wir wollten nicht im Haus bei dem Couchsurfing-Heini schlafen) fuhren wir am Morgen also zurück nach Upper Moutere. Ohne auch nur die geringste Ahnung, was für eine Art von Job wir eigentlich machen sollten, fanden wir uns plötzlich in einem 6-köpfigen Team in einem riesigen Weingut wieder und rupften Laub. Da sich die Ereignisse überschlagen hatten, riefen wir am Nachmittag bei Fran an, um ihr mitzuteilen, dass wir plötzlich einen unbefristeten Job, aber noch keine Bleibe hatten. Fran schlug sofort vor, ihre Nachbarin Rhonda zu fragen, ob wir uns bei ihr für ein paar Wochen einmieten könnten. 10 Minuten später rief sie zurück und zitierte unsere zukünftige Gast-Oma:
"The girls are more than welcome to stay with me!"
Vor Freude quiekend fuhren wir zurück nach Richmond in unseren 1. Feierabend - ein neues Neuseeland-Kapitel beginnt! :)