Montag, 1. Oktober 2012

Am East Cape, wo der Tag beginnt!

Seid gegrüßt, ihr Lieben!

Heute melden wir uns wohl vorerst zum letzten Mal - zumindest für die nächsten drei bis vier Wochen. Morgen kommt nämlich (nach langem Warten unsererseits und einer wahrscheinlich unendlich lang erscheinenden Reise ihrerseits) unsere Mama zu Besuch!!! :) Deshalb werden wir wohl hauptsächlich erstmal die gemeinsame Zeit hier genießen und euch davon später berichten!

Es ist uns aber eine Ehre, euch jetzt vom letzten von uns unentdeckten Zipfel unserer Neuseelandrund- (bzw. Kreuz- und Quer-) Reise zu berichten: Während der letzten Tage haben wir die östlichste Region des Landes entlang der East Coast, nämlich den Ort Whakatane, das East Cape und die Gisborne-Region, "erfahren". 


Unser Hostel, das Whakatane
Hotel im Art Déco-Stil  
Bis nach Whakatane (wer Probleme mit der Aussprache hat, folge dem Lonely Planet: "Fokka-tar-nay") hatten wir von Mount Maunganui aus nur eine gute Stunde Fahrtweg zu bewältigen. Auch mal schön! :) Trotzdem mussten wir, nachdem wir unser Ho(s)tel bezogen hatten, erstmal etwas rasten, bevor wir uns zu einem kleinen Stadtrundgang aufmachten.
Whakatane - die offiziell sonnenreichste Stadt Neuseelands, sorry, Nelson! - befindet sich an der Mündung des gleichnamigen Flusses in den Südpazifik. Die Kleinstadt verdankt ihren Namen der Häuptlingstochter Wairaka. Die Gegend war eines der ersten Siedlungsgebiete der Maori und die Legende erzählt, dass die Maori mit dem Ahnen-Kanu Mataatua hier an der Flussmündung an Land gegangen waren. Um das neu entdeckte Gebiet zu erkunden, ließen die Männer ihre Frauen, Kinder und das Boot am Flussufer zurück. Während die Zurückgebliebenen ausruhten, zog jedoch die Ebbe das Kanu mit allem Hab und Gut zurück in Richtung Meer. Frauen war es zu dieser Zeit nicht gestattet, die Aufgaben der Männer (wie das Rudern des Kanus) zu übernehmen. Wairaka jedoch wollte das Unglück verhindern und um die Götter ruhig zu stimmen, rettete sie das Kanu mit den Worten "Kia Whakatāne au i ahau" ("Ich werde wie ein Mann handeln!"). Ein großer Schritt in Richtung Emanzipation, wie wir finden. ;)

Eine grazile Statue am Hafeneingang erinnert an Wairaka  
Aber auch sonst spürt man hier die Präsenz der traditionellen Maori-Kultur, für die besonders das Eastland bekannt ist. Okay, die in einem als "Historic Walk" angepriesenen geschichtsträchtigen Plätze muss man mit der Lupe suchen. Das Mataatua-Kanu-Denkmal beispielsweise ist unserer Meinung nach nicht mehr als eine Mataatua-Kanu-Garage (wenngleich eine große) und ein Bild der Höhle, in der die Tante Wairakas gelebt haben soll, haben wir erst googeln müssen! :) Sehenswert ist aber zum Beispiel die Te Manuka Tutahi Marae mit ihren typischen Maori-Schnitzereien. Maraes (gesprochen "Mareis") sind die Versammlungshäuser der Maori, in denen bis heute Zeremonien, Reden und kulturelle Veranstaltungen abgehalten werden. Sie sind in jedem größeren und kleineren Ort in Neuseeland zu finden.

Auch die Wairaka Falls mitten in der Stadt sind einen
kurzen Abstecher wert. Wie wir vor Ort aus erster Hand
erfahren haben, ist der Ort hier für die Maori heilig. Sie
kommen zur Reinigung des Geistes, zum Beten und
für Segenswünsche hierher









Beim abendlichen Schlendern durch das Stadtzentrum mussten wir feststellen, dass zumindest an einem Mittwoch die Bürgersteige scheinbar nach Sonnenuntergang hochgeklappt werden. In der Dunkelheit konnten wir aber dafür einen Felsen nicht übersehen, an dem wir tagsüber drei mal vorbei gelaufen waren, ohne ihn zu bemerken: Pohaturoa war einst Mittelpunkt traditioneller Tänze und Riten von Geburts- und Todeszeremonien. Heute ist er eines der Wahrzeichen der Gegend und soll das friedliche Zusammenleben von Maori und Pakeha (europäischen Neuseeländern) symbolisieren.
Bevor wir am nächsten Morgen aufbrachen, gingen wir noch zum erst neu eröffneten Whakatane Library & Exhibition Centre mit seinen ständig wechselnden Ausstellungen ortsansässiger Künstler. Naja, nach so vielen Ausstellungen, die wir kürzlich besucht hatten, fanden wir das kostenfreie Internet hier ehrlich gesagt etwas interessanter. ;) Und nirgendwo kann man so schön "einheimisch tun" und dabei heimlich deutschen Touristen bei ihren Problemen zuhören. :D

Am Donnerstag fuhren wir weiter in Richtung East Cape. Von Whakatane aus und noch ein ganzes Stück die Küste entlang konnten wir am Horizont "White Island" pausenlos vor sich hinqualmen sehen. Die Insel ist der Gipfel eines 50 Kilometer vor der Küste liegenden maritimen Vulkans. Mit Helikoptern oder Schnellbooten und ausgestattet mit Atemmasken kann man geführte Touren dorthin unternehmen. Oder den Vulkan einfach aus (sicherer?) Ferne genießen, so wie wir.
Wie schon erwähnt, gehört das Gebiet der Ostküste zu den ältesten besiedelten Teilen Neuseelands und wird noch immer hauptsächlich von Maori und weniger von Pakeha bewohnt. Und irgendwie hat man das Gefühl, man beamt sich selbst um 50 Jahre zurück. Das fiel schon im Küstenort Opotiki auf, wo wir Bum an der Tanke noch einmal mit Benzin und uns selbst mit Kaffee auffüllten (weil die Bedienung "bissl dabbsch" ist, gab's den Kaffee umsonst ^^): Hier ist es weniger üblich, dass man ein angeschlossenes Fahrrad, ein Auto oder Moped vor der Haustür, dem Supermarkt oder der Kneipe parkt. Stattdessen wartet das eigene Pferd mit lediglich einem Strick am Hals darauf, seinen Besitzer wieder nach Hause zu tragen. Ein sehr gewöhnungsbedürftiger Anblick! :)

Die Küstenstraße, kurvenreich und auf Klippen gelegen,
lässt uns unserem Motto treu bleiben: Der Weg ist das Ziel! 



Auf Kunst trifft man überall: Ob in einer der Maraes...
... oder direkt vor den Häusern. Hier wird immerhin recycelt. ;)  
Die Natur hier ist zu weiten Teilen unberührt. Mal fanden wir nette Badestrände mit steilen Klippen, mal saftig-grüne Wiesen und dichte Waldgebiete. Die Siedlungen allerdings sehen teilweise sehr armselig aus: Alte verfallene Häuser mit Wellblechdächern, in den Gärten rostige Autowracks (naja, über Gartenzwerge lässt sich schließlich auch streiten). Und am Straßenschild mit der Richtgeschwindigkeit sieht man schon mal einen Pferdekopf baumeln. Die Leute wiederum sind hierzulande unglaublich freundlich. Entgegen aller Warnungen, dass Individualtouristen hier nicht gern gesehen sind und dass wir keine Wertsachen im Auto zurücklassen sollen, wurden wir regelmäßig nett angelächelt, bekamen Auskunft, wenn wir Hilfe brauchten, "Safe travels, girls" -Wünsche mit auf den Weg und überhaupt kamen wir aus dem Grüßen kaum heraus.

Die anglikanische Kirche von Raukokore. So isoliert
gelegen ist sie ein weiteres Wahrzeichen der East Coast.
Den wenige Schritte entfernten Friedhof direkt am Meer
(Bild links) kann man ebenfalls besuchen, sollte sich aber
nach Maori-Brauch danach die Hände waschen.  

      

                          

Überall an der Küste stehen übrigens Pohutukawas (einige von euch erinnern sich vielleicht an den im Sommer feuerrot blühenden "New Zealand Christmas Tree"; in zwei Monaten ist es wieder so weit! :) ) Nach einem kurzen Stopp an der im Sommer wahrscheinlich ebenso wuuunderschönen Hicks Bay sahen wir bereits ein ziemliches Unwetter auf uns zukommen. Da wir für die Nacht noch keinen Schlafplatz hatten, fuhren wir deshalb schnell weiter bis ins kleine Örtchen Te Araroa, wo spontan (wir hätten's nicht gedacht) ein Hostel gefunden war - keine Minute zu früh, denn plötzlich öffnete der Himmel seine Schleusen und Regen und Nebel sollten uns für die nächsten 24 Stunden nicht verlassen! 

 

  

Im Hostel haben wir wieder einmal gemerkt, dass es doch nix Cooleres gibt als Couchsurfing oder zumindest das Übernachten auf den eigenen vier Rädern! :) Das Hostel hatte, wie Sani sagen würde, "... ja schon ein paar gute Ansätze". Zumindest, wenn man davon absieht, dass es in den Zimmern keine Steckdosen gab. Oder man in der Küche (einem Schuppen auf der anderen Seite des Hauses) die Steckdosenleiste keinesfalls mit der zeitgleichen Nutzung von Mikrowelle UND Wasserkocher überfordern durfte. Und dass das "ganz saubere Trinkwasser von der nahegelegenen Quelle" grün-braun war (Sani ist immer noch übel).
Nach einer dennoch erholsamen Nacht im Hostel machten wir uns am Morgen zwar nicht wie eigentlich geplant vor Sonnenaufgang zum East Cape auf; besuchen wollten wir den Ort, an dem die ersten Sonnenstrahlen des Tages auf festes Land treffen (die kleinen Pazifik-Inselchen kurz nach der Datumsgrenze werden gemeinhin einfach übergangen), aber trotzdem. Nachdem der Regen also am Vormittag fast unmerklich nachgelassen hatte, bekamen wir noch ein paar gute Tipps von Pauline, der Hosteleigentümerin, verabschiedeten uns und machten uns auf zum östlichsten Punkt Neuseelands - dahin, wo der Tag beginnt! :)

Von Pauline verabschiedeten wir uns mit dem
Versprechen, irgendwann noch einmal zum
Sonnenaufgang hierher zu kommen. :)  


Vor der hiesigen Schule steht der größte und wohl auch
 älteste Pohutukawa Neuseelands. Sie (so Pauline) ist etwa
 600 Jahre alt, 20m hoch und ganze 38m breit. Stellt euch
den Baum mal im Sommer vor! :)  


Über eine 17 Kilometer lange geschotterte Stichstraße huppelte Bum mit uns dann schließlich zum East Cape. Uns war von vornherein klar, dass wir nicht viel zu sehen bekommen würden, aber trotzdem haben wir den kleinen Umweg nicht bereut; noch nie hatten wir so sehr das Gefühl, am Ende (oder Anfang?) der Welt angekommen zu sein! :)

 

Nach etwa 750 Treppenstufen kamen wir oben am Leuchtturm an und genossen die "spektakuläre" Aussicht!
Sonne? Pustekuchen! :D  
Die weitere Fahrt verlief, dem wirklich grässlichen Wetter geschuldet, mehr schlecht als recht. Aber nicht nur, dass wir weniger Stopps machten, als üblicherweise. Die Sicht war unglaublich schlecht und aufgrund des hierzulande sehr unstabilen, sich regelmäßig bewegenden und verändernden Bodens, sind die Straßen einfach "shocking"! Überall hebt und senkt sich der Asphalt, die Straße hat Risse und zahllose Schlaglöcher. Dazu kommen wohl nie enden wollende Baustellen. Bums arme Stoßdämpfer...
In dem Zusammenhang müssen wir euch noch eine Kuriosität Neuseelands zum Thema "Höchstgeschwindigkeit" erläutern: Das uns in Deutschland bekannte Verkehrsschild für die zulässige Höchstgeschwindigkeit bedeutet hier in Neuseeland lediglich, dass man dieses Tempo fahren darf, nicht dass man es auch überlebt. So kann es tatsächlich sein, dass man trotz waschbeckentiefen Schlaglöchern oder Kurven, die dem Nürburgring Konkurrenz machen, eben ein 100er-Schild passiert hat... Die Schilder für weniger lebensmüde Fahrer sind hier schwarz-gelb und zeigen Fahrtrichtung und empfohlene Geschwindigkeit an.
Unterwegs...
Aufregend! In Tolaga Bay gibt's eine Cashmere-Fabrik und
den mit 660 Metern längsten Pier der südlichen Hemisphäre! xD  



Darüber, dass wir nicht allzu spät in Gisborne ankamen, waren wir aber nicht böse. Leider hatte es mit einem Couchsurfing-Host kurzfristig nicht geklappt, aber von Elis Mutter aus Mount Maunganui hatten wir die Adresse ihrer Surf-Freundin Gina bekommen. Und die hat uns, ohne überhaupt jemals von uns gehört zu haben, einfach in ihr Haus eingeladen, obwohl sie das Wochenende selber nicht daheim, sondern bei ihrem Partner etwas nördlich von Gisborne verbringen wollte. Wir sind immer noch beeindruckt von so viel Vertrauen! :)

Vor Ginas Häuschen
Gisborne an sich brüstet sich hauptsächlich damit, Schauplatz eines Meilensteins der neuseeländischen Geschichte zu sein: Hier an der Poverty Bay nämlich betrat James Cook 1769 als erster Europäer neuseeländischen Boden. Zuvor hatte sein Schiffsjunge Nicholas Young, heute bekannt als Young Nick, "Land in Sicht" gemeldet. Grund genug, dass wir beide am Samstag auf deren Spuren durch die Stadt wandelten! :)

Und Käpt'n Cook steht wohlwollend daneben...  

Statue des "Young Nick" am Hafen von Gisborne  




Blick vom Kaiti Hill auf einige von Gisbornes Vororten, den Hafen, der ausschließlich der Verladung von Holz dient, und das Stadtzentrum  


Bum glänzt auch inmitten schickerer Gesellschaft!  


Auffallend ist, dass wie im ganzen Eastland auch hier der Anteil der maori-stämmigen Einwohner weit höher liegt (fast 50%) als im Landesdurchschnitt. Ansonsten ist Gisborne ein relativ verschlafenes und dennoch typisches neuseeländisches Städtchen. Die die Stadt umgebende Landschaft ist aber einfach grandios: Sanfte grüne Hügel, weidende Schafe und Kühe und überall das Rauschen des Meeres... Hier könnten wir es länger aushalten! Im Sommer soll hier die Hölle los sein; dann locken Festivals und die zahlreichen Surfstrände um die Stadt herum tausende Neuseeländer und Touristen. Mal sehen, ob wir dann wieder kommen - es spricht irgendwie immer mehr dafür! :)
Abgesehen von den beiden kuschelbedürftigen Katzen hatten wir das Haus am Abend für uns und haben es uns wie schon seit Wochen einfach nur gut gehen lassen - mit Kaminfeuer, einem leckeren Reisgericht und DVDs - ganz ehrlich, so lässt es sich leben! :)

Der nächste Tag SCHREIT nach Wiederholung, denn da war echt einfach alles perfekt (abgesehen von den Wellen, aber davon gleich mehr)! Ausschlafen und langes Sonntagsfrühstück. Hansons "MMMBop" im Radio - noch Fragen? Azurblauer Himmel und Sonne satt. 25°C. Holt die Flipflops raus, der Sommer ist da!!!
Bum wartete schon vor der Tür, um uns wieder ein Stück nach Norden zu bringen. Hier lebt Colin, Ginas Partner, auf einer riiieeesigen Farm mit Rindern, Schafen, Mandarinen-Plantagen, Swimmingpool, Spa-Bad und der grandiosesten Aussicht, die ihr euch vorstellen könnt!
Und hier haben wir uns endlich getraut: Nur einmal gezwinkert und wir fanden uns an einem verlassenen Strand wieder. Dort konnten wir Ginas Einladung, uns einer kleinen Surflektion zu unterziehen, nicht widerstehen! :)

Startklar?
Trockenübungen am Strand...  
... und dann geht's los!
(Oder auch nicht!) :)  
Haben beide ge- und somit bestanden! Gratulation Gina, weiterhin "Erfolgsquote 100%" - wir hätten's nicht gedacht! ;)  
Nach Verschnaufpause auf Colins sonnendurchfluteter Terrasse nahm er uns mit auf eine kleine Spritztour über die Farm: Über 330 Hektar Weideland und viiieeele Bullen! :) Dann durften wir uns noch ein paar Mandarinen pflücken ("Ich will auch einen Mandarinenbaum!") und plötzlich war es schon wieder Abend und es hieß Abschied nehmen...
 

Nachdem unsere Sachen gepackt und platzsparend in Bum verstaut waren, trafen wir uns am Montagmittag mit Freezer-Määän Cody, den wir auf dem Boot kennengelernt hatten und der uns dort stets mit seinen erregenden Essgewohnheiten amüsiert hatte... :) Unserem Vorschlag, irgendwo schön auf 'ne heiße Schokolade zu treffen, kam er auch sofort nach: "Ja, lasst uns zu McDonalds gehen!" Naja... gesagt, getan! xD

Noch ein Wiedersehen!  
Nun sagen wir vorerst "Bye Gizzy!" und "See ya!" Wir fahren jetzt nach Cambridge, von wo es nur noch 150 Kilometer nach Auckland sind... Morgen gibt's dann endlich ein Wiedersehen mit Mama - wir werden berichten! :)
Bis bald,
eure Mädels


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen