Unser nächstes Ziel war Whangarei in Northland, 150km nördlich von Auckland gelegen. Eigentlich wollten wir morgens gegen 8 von Onehunga aufbrechen, nach einer späten Nacht bei Sumit sind wir dann aber doch erst gegen 11 losgekommen. Onehunga liegt aber sowieso direkt am Motorway 1 gen Norden, deshalb dachten wir, dass wir die Strecke schnell hinter uns bringen könnten… Unglücklicherweise meinte einer unserer Fahrer, uns 40km hinter Auckland nicht am Motorway, sondern irgendwo in der Wallapampa rausschmeißen zu müssen, weil dies angeblich eine sicherere Stelle zum Hitchhiken sei. Nachdem mehrere Autofahrer uns und unser Schild ausgelacht hatten, beschlossen wir, zurück zur Schnellstraße zu trampen und es dort weiter zu versuchen. Ein Highlight: Ein kleiner roter Mini im alten Stil, noch winziger als der gute alte Trabbi vom Opa. Da kamen Erinnerungen auf…
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Immer lächeln. |
Die Fahrt nach Northland war unglaublich schön. Wir wussten gar nicht, wohin wir zuerst schauen sollten. Das satte Grün der Grashügel, Kühe, Schafe, ein strahlend blauer Himmel mit einigen Wattewölkchen und am Horizont immer wieder weiße Strände und Meer – so und nicht anders haben wir uns Neuseeland vorgestellt und doch war (und ist) die Landschaft aus direkter Nähe noch viel atemberaubender, als alles, was wir bisher auf Fotos gesehen haben, und was wir euch hier zeigen können. Dazu kamen viele spannende Gespräche mit den Autofahrern. Nach den typischen Einstiegsfragen („Wo kommt ihr guys her?“, „Wie lang seid ihr guys schon hier?“, „Wie lange wollt ihr guys bleiben?“, „Warum ausgerechnet Neuseeland?“) haben sich teilweise richtig interessante Gespräche ergeben, bei denen wir Dinge beispielsweise über Maorikultur, über die Landwirtschaft hier, über Schule in Neuseeland und, und, und erfahren und tolle neue Reiseziele empfohlen bekommen haben.
5 Stunden und 8 Autos später kamen wir endlich in Whangarei an. Der Ort hat uns ehrlich gesagt nicht unbedingt vom Hocker gerissen. Whangarei ist eine moderne Industriestadt mit etlichen Fabriken und Firmen und befindet sich an einem großen buchtenreichen Hafen mit vielen Tankschiffen. Im Dunkeln erstrahlt eine 50 Jahre alte Erdölraffinierie, bei deren Anblick man das Gefühl hat, mal wieder in Hemmingstedt in Dithmarschen zu sein. :D Rund um das Townbasin im Zentrum gibt es einige nette Lokale und Cafés und man kann kleinere und größere Schiffe und Yachten bestaunen.
Alles in allem ist die Stadt aber recht langweilig. (-.-)' Bis zum Dienstschluss unseres neuen Hosts Ramon haben wir die Zeit deshalb ausgiebig genutzt, um auf einer Bank mitten in der Fußgängerzone zwischen McDonalds, skatenden Maorijungs, Klamottengeschäften und Banken unseren Müslivorrat zu plündern und ein kleines Nickerchen zu halten. Dann ging es mit Ramons Jeep entlang des Whangarei Harbour ca. 30km westlich in die Whangarei Heads, eine Hügelkette mit herrlichen kleinen und größeren Buchten. Hier wohnt Ramon in einem kleinen Holzhäuschen direkt am Strand. Als wir das Wohnzimmer betreten haben und durch die riesigen Fenster und die Terassentür auf‘s Meer schauen konnten, waren wir unglaublich überwältigt. Nach den hektischen Tagen in Auckland sollte dies ein wunderbarer Ort werden, um etwas runterzufahren und endlich „richtig“ in Neuseeland anzukommen!
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Blick auf die Mckenzie Bay vor Ramons Haus |
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Sonnenterasse |
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Und jeden Abend ein anderer, hinreißender Sonnenuntergang! |
Während der folgenden Tage haben wir es uns richtig gut gehen lassen. Ramon lebt ziemlich „old school“, ohne irgendwelchen Schnickschnack, Waschmaschine oder andere überflüssige elektrische Geräte. ;) Dafür konnten wir im Garten jeden Tag frischen Salat und Kräuter ernten und Erdbeeren futtern. So ziemlich jeden Abend haben wir von Ramons Kochkünsten, seinen leckeren Bier- und Weinvorräten profitiert und er hat uns sogar mit selbstgemachtem Schwarzbrot verwöhnt. Zwischenzeitlich verbrachten auch Leute aus Freiburg zwei Tage hier. Gemeinsam hieß es auch wieder backen, kochen, Musik hören und die Landschaft genießen.
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Spaziergang entlang der Mckenzie Bay... |
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... im Hintergrund der Mount Manaia. |
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... und leckeres Abendessen. |
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Mal wieder Zeit für ein Buch ... |
Außerdem haben vier uns eines Tages gemeinsam aufgemacht, den gefürchteten Mount Manaia zu erklimmen. Okay, 420m Höhe klingen jetzt nicht grade nach einer großen Herausforderung… Atem(be)raubend war der Aufstieg jedoch alle mal. Während Christian und Sarah schnurstracks losgestiefelt sind, haben wir uns schööön Zeit gelassen, um auch jaaa viele Fotos für euch zu schießen. =) Ehrlich gesagt waren wir ziemlich fertig als wir oben ankamen. Der Aufstieg hat uns sogar so sehr ins Schwitzen gebracht, dass sämtliche Ausdauertipps unserer Sportlehrerin Frau Reiß wieder ins Gedächtnis kamen („Gleichmäßig ein- und ausatmen!“, „Schritte immer bis 4 zählen!“, „NIEMALS hinsetzen!“). Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir. Trotzdem wollen wir hier (auch für unser Ego) nach intensiver Recherche erwähnen, dass scheinbar jeder mit dem Aufstieg zu kämpfen hat und selbst im Lonely Planet wir er als „lung- und leg-busting 1 ½ hour climb“ deklariert. ;)
Was nun kommt, ist wohl aber keine Überraschung: Als wir oben am Gipfel ankamen, waren alle Strapazen, der Durst, die Lungenschmerzen und die zittrigen Knie vergessen (zumindest bis zu unserem Treffen mit dem Muskelkater am nächsten Tag).
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Geschafft! |
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Blick auf die Raffinerie |
Erwähnenswert ist noch, dass kein einziges Geländer oder Hinweisschild Gipfelstürmer mit Suizidgedanken am Sprung zu hindern versucht. Generell scheinen wir Deutschen ein viel ausgeprägteres Sicherheitsbedürfnis zu haben als anderswo. In Deutschland wäre es mit Sicherheit unmöglich gewesen, ohne Befestigung am Abgrund entlang zu kraxeln. Gerade darum war es eine tolle Erfahrung, wirklich ohne jegliche Sicherung so weit oben in völliger Freiheit in die Landschaft blicken zu können.
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Keine Sorge, sie ist nicht gesprungen... ;) |
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... und von unten sieht der Mount Manaia doch wieder recht friedlich aus. |
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Der Abstieg war um einiges leichter ... |
Weil wir jetzt so ans Wandern gewöhnt waren und man Muskelkater angeblich gleich mit neuen Touren begegnen soll, sind wir am nächsten Tag einen Track zur nahe gelegenen Smuggler’s Bay mit ihrem herrlichen Strand gelaufen. À la Sam und Frodo ging es entlang zwischen grüner Hügeln, Palmen, Farn und Steinen bis wir endlich am leuchtend weißen Sandstrand ankamen. Haben wir schon erwähnt, dass es, egal wo wir hinkommen einfach nur wunderschön ist? Zum Baden war es leider noch etwas zu kühl, außerdem sind die Wellen teilweise besorgniserregend hoch, aber die Platscher haben wir trotzdem ins Wasser gehalten.
Die Abende haben wir meist gemütlich in Ramons Wohnzimmer oder auf der Veranda mit Meeresrauschen im Hintergrund verbracht. Ab und zu waren Freunde zu Besuch, Ramon hat unsere Lebensläufe für die Bewerbungen gecheckt oder wir haben gemeinsam das Internet auf der Suche nach einem Van durchforstet. (Eins haben wir dabei gelernt, nämlich, wie man richtig schön flucht: „I don’t want you to buy a fuckin‘ piece of shit“). Außerdem haben wir sämtliche gute Musik ausgetauscht (wir brauchen unbedingt ne externe Festplatte…). Und wir waren auf dem Wochenmarkt, haben superleckere Pancakes gegessen und Brot bei der „German bakery“ gekauft.
Eine weitere Premiere für uns war unsere gemeinsame Angel-Tour mit Ramon. Jeder, wirklich JEDER scheint in Neuseeland fischen zu gehen. Chris, ein Freund von Ramon, hat uns deshalb den weisen Rat mit auf den Weg gegeben, immer zu beteuern, dass wir unglaublich gern fischen gehen, wenn uns die neuseeländische Männerwelt zu Füßen liegen soll. Müssen wir demnächst mal ausprobieren. Ehrlich gesagt waren wir anfangs etwas besorgt, weil wir im Fischen ja absolute Greenhorns sind. Auf die Frage, ob wir die gefangene Beute denn dann eigentlich auch selber zur Strecken bringen müssen, sagte er ganz trocken „No worries. You catch, we kill!“. Die scheinen hier echt Spaß am Jagen zu haben.
Gleich vorweg: Unser fishing trip war alles andere als ertragreich, dabei sind wir extra früh los gefahren, um die richtige Tide zu erwischen… Ramons Boot ist eigentlich nur ‘ne kleine Nussschale und für drei Menschen ziemlich eng. Aber lustig war’s trotzdem. Wir sind ja durch unsere zahlreichen Wildwasserbahnfahrten in Heidepark und Co. abenteuerliche Exkursionen gewohnt und so schnell haut uns im wahrsten Sinne des Wortes nichts aus der Bahn. Als Ramon uns fragte, ob wir Lust haben, zur Smuggler’s Bay hinüberzufahren, nachdem wir an 2 Stellen nichts gefangen hatten (“Ihr könntet nass werden“), haben wir deshalb auch nur herzlich gelacht.
Über die nächsten 20 Minuten gibt es leider keine Bildaufzeichnung. Wir waren krampfhaft damit beschäftigt, uns am Rand der Nussschale festzukrallen, um nicht über Bord zu gehen, und gegen die mannshohen Wellen anzukämpfen. Die Dusche am Morgen hätten wir uns prinzipiell sparen können und warum Ramon keine Waschmaschine braucht, wissen wir jetzt auch.
Resümee: Kein einziger Fisch an der Angel und 2 gerissene Angelschnüre, dafür waren wir klatschnass bis auf die Haut und Claudia etwas seekrank obendrein. Oh ja, Chris, wir gehen unglaublich gern fischen! xD
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Am Abend waren Chris und Ramon dann doch noch erfolgreich. Von wegen Anfängerglück... |
Wir hatten also wirklich wieder eine wunderschöne, chillige Woche hier, doch so langsam schwinden die Ersparnisse. Sobald unsere IRD-Nummer da ist, heißt es „Genug mit Urlaub – Äpfel, wir kommen!“
Wir hoffen, es geht euch gut und ihr friert euch noch nicht den Hintern ab! An dieser Stelle möchten wir auch gerne mal DANKE sagen für all eure lieben Mails, SMS und Gästebucheinträge! Auch wenn wir im Beantworten momentan echt mies sind, freuen wir uns über jedes Lebenszeichen von Übersee! Genießt die Vorweihnachtszeit!
Eure Claudia und Sani