Montag, 17. September 2012

Von "Sunny Nelson" zurück nach "Windy Welly"

Abschied von der Südinsel: Über den Queen Charlotte
Drive auf dem Weg zur Fähre
Wir grüßen euch, wie versprochen, wieder von der Nordinsel! :) Nach einem sehr windigen Wochenende hatten wir am Montag glücklicherweise eine ruhige Cook Strait und somit eine sehr entspannte Überfahrt nach Wellington. Der Hafen der Hauptstadt befindet sich wörtlich mitten im Zentrum, so dass es nach unserer Ankunft am frühen Abend ein Weilchen dauerte, bis wir uns durch den Feierabendverkehr bis zu unserem Couchsurfing-Host Mark im Norden der Stadt durchgeschlagen hatten.
Anhand unserer Gespräche im Auto merkt man auch sofort, dass wir wieder in einer Metropole unterwegs sind: Die Nerven liegen blank. "Oh Mann, Sani, ich weiß nicht, wo wir hin müssen!" - "Dort drüben, Motorway!" - "Ja Mann, ich weiß!" :D


Mark ist ein unglaublich entspannter, netter Typ, der zwar unendlich viel arbeitet - IT-Branche, das sagt wohl alles -, quasi täglich Sport macht und gerade dabei ist, nebenbei sein Haus zu renovieren. Trotzdem hat er Zeit, Couchsurfer zu beherbergen, Treffen zu organisieren und uns bei unserer Ankunft hier sogar mit einem wunderbaren Chicken Masala mit Reis zu begrüßen. Sage noch einer, nur Frauen seinen multitaskingfähig! 

Nach einer entspannten Nacht in unserem übergroßen Doppelbett machten wir uns gleich nach dem Frühstück auf den Weg zurück in die Stadt. Witzigerweise kreuzte sich nämlich Alidas Weg mit unserem: Sie ist wie wir am Montag in Welly angekommen, nur dass sie inzwischen zurück auf die Südinsel reist. (Ihr erinnert euch vielleicht, wir hatten im Spätsommer zusammen in Nelson gearbeitet.) Leider war das Wetter nach einem vielversprechenden Morgen nicht das beste, so dass wir einem Tipp von Mark folgten und den halben Tag bei leckerem Moccacino im Fidel's Café in der Cuba Street verbrachten. Dann stiefelten wir ein bisschen durch die Stadt, zeigten Alida Gollum und Co. in der Weta Cave, wo wir ja schon beim letzten Mal mit Felix waren, und ließen uns abends ein Bier im Irish Pub schmecken.

 


Die nächsten zwei Tage standen ganz im Zeichen von Stadtrundgang und Sightseeing! Das Wetter spielte wunderbar mit: Nach Regen, Hagel und frostigen Temperaturen am Anfang der Woche hatten wir die meiste Zeit Sonnenschein und blauen Himmel! :) Die Atmosphäre hier ist echt besonders: Mit knapp 450.000 Einwohnern ist die Stadt nicht zu riesig, man kann sich schnell einen guten Überblick verschaffen und das Stadtleben genießen. Als Landeshauptstadt ist Wellington nicht nur das politische Zentrum Neuseelands, sondern gilt auch als kultureller Mittelpunkt des Landes und Herz der Film- und Theaterindustrie. Keine Überraschung, dass spätestens seit Veröffentlichung der Herr-der-Ringe-Trilogie von "Wellywood" die Rede ist. :)
Dank Wellingtons fantastischer Lage am Meer lohnt es sich, die Küste entlangzufahren. So hat man immer wieder schöne Aussichten auf Wasser, Skyline und die umliegenden Häuser, die an den Hängen kleben und manchmal eine echt interessante Architektur aufweisen! 

Blick auf die Skyline Wellingtons von der Oriental Parade
aus, wo sich der künstlich angelegte Stadtstrand befindet.
Typisch für Wellington: Häuser in Hanglage (und Backpacker-Busse bekommen wir nun auch wieder verhmert zu Gesicht).
 

Wir tanken Sonne an der Oriental Bay
Einen herrlichen 360°-Blick auf Wellington und das Meer hat man wohl am besten vom Gipfel des Mt Victoria südlich des Stadtzentrums. Ob am Tag oder bei Nacht, die steilen Serpentinen hinaufzukraxeln (oder zu fahren...) lohnt sich! Und nun, da sie ein zweites Mal hier oben war, kann sich sogar Sani wieder dunkel an den Nachtausflug hierher vor sechs Monaten erinnern. Wie steht's mit dir, Felix? ;)

  


Armer Bum... Wär fast abge-
schleppt worden, der Gute!  
Da Wellingtons Stadtzentrum nicht zu groß, aber voller interessanter Architektur und Kunst ist, solltet ihr hier unbedingt einen Stadtrundgang zu Fuß machen! An fast jeder Straßenecke finden sich Skulpturen, sich im Wind bewegende Kunstobjekte und Straßenmusiker, ganz zu schweigen von den verschiedensten Persönlichkeiten, die die Stadt so bunt machen, wie sie ist! Das Hauptproblem im Vorfeld ist allerdings die Parkplatzsuche. Wer denkt, dass die Politessen und Kontrolleure hier in Neuseeland entspannter oder gar freundlicher als in Deutschland sind, der hat sich geschnitten: Wellington ist bekannt für seine erbarmungslosen "Ordnungshüter" und überteuerten (UNFAIREN!) Knöllchen. Wir sprechen natürlich wieder mal aus Erfahrung und können euch daher nur ans Herz legen, euer Auto außerhalb stehen zu lassen und mit dem Bus ins Zentrum zu fahren. Alternativ kann man am Te Papa Nationalmuseum für $9 zwölf Stunden entspannt parken und von dort aus die Stadt erkunden. So haben wir es jedenfalls gemacht:

An der "Waterfront" des Lambton Harbour entlang...
... über eine kunstvoll verzierte Holzbrücke, die von Musikern
und anderen interessanten Menschen besetzt ist, ...















... zum Civic Square, wo sich Touristeninformation, Stadtgalerie und -bibliothek befinden.  
Durch die belebten Einkaufsstraßen liefen wir zur Cable Car-Station im Lambton Quay, natürlich nicht, ohne noch schnell das ein oder andere Schnäppchen in den Klamottenläden zu erstehen. :)
Eine Standseilbahn kennen wir schon von unserem Schweizurlaub und der Besichtigung Fribourgs im letzten Jahr. Das historische Cable Car hier wurde 1902 als zweispuriges Dampfmaschinensystem eröffnet, in den 70er Jahren jedoch von einer Schweizer Firma durch ein neues einspuriges Standseilbahnsystem ersetzt. Da ein Teil der Victoria Universität auf halbem Weg direkt am Hang liegt, nutzt so mancher Student die Kabelbahn regelmäßig. Für ein paar Dollar bringt sie heute aber fast ausschließlich Touristen auf einer 600 Meter langen Fahrt in die Botanischen Gärten Wellingtons in 122 Metern Höhe.


Im ehemaligen Kabelhaus am oberen Streckenende
findet man heute ein kleines Museum mit einem
halboffenen Wagen aus den frühen Tagen der Bahn.  
Der Botanische Garten, die "Grüne Oase" Wellingtons, beginnt nur wenige Schritte entfernt von der Bahnstation. Ein mit pinken Blumen versehener Pfad führt jährlich tausende Menschen zurück in die Innenstadt. Touristisch also echt raffiniert! Definitiv ist der Botanische Garten mit seinen Blumenbeeten und Grünanlagen am Hang gelegen ein Must-Do und gerade jetzt, wo alles zu blühen beginnt, einfach wunderschön! Es gibt hier außerdem das "Tree House" (allerdings gerade wegen Bauarbeiten geschlossen) und ein Planetarium. Uns erschien jedoch eine kleine, sonnenwarme Parkbank im Hauptgarten um einiges attraktiver als der Sternenhimmel! :)

Grandiose Aussicht auf Wellingtons Innenstadt und den Hafen vom Aussichtspunkt an der oberen Cable Car-Station  
          

                               

 

 

Der Lady Norwood-Rosengarten mit über 100 Arten soll ein weiteres Highlight sein. Leider ist er momentan noch etwas kahl. Mal sehen, ob die Knospen beim nächsten Wellingtonbesuch schon etwas mehr zu bieten haben! :) Durch den Memorial Park, einen historischen Friedhof mit kleiner Kapelle, führt der Weg dann über den State Highway bis hinunter in das Regierungsviertel.
Natürlich machten wir auch einen Abstecher zu den Parlaments- und Regierungsgebäuden Neuseelands. Sie bereichern die Stadt mit ihren völlig unterschiedlichen architektonischen Stilen, was es uns zudem leichter machte, sie überhaupt zu erkennen! :) Fast überall hier kann man sich frei bewegen, kostenfreie Touren mitmachen oder sich einfach auf eigene Faust umsehen.

Old Government Building 
Das alte Regierungsgebäude von Wellington (heute die juristische Fakultät der Universität) wurde zwischen 1876 und 1907 im Stil der italienischen Renaissance erbaut. Die imposante Fassade sollte dabei die Stärke und Stabilität des Landes symbolisieren.

Von außen sieht man nicht, dass es das zweitgrößte Holzgebäude
der Welt ist. Mit dieser Bauweise sollte die Einsturzgefahr bei einem
Erdbeben minimiert werden.  

         





Supreme Court
Das Höchste Gericht Neuseelands erstrahlt direkt gegenüber als ein Beispiel zeitgenössischer Architektur. Die bronzene Fassade soll dabei den Schutz, der jedem Neuseeländer durch die Justiz zuteil wird, darstellen. Die Frage ist, wohin sich deutsche Backpackerinnen wenden, wenn sie sich mit männlichen Politessen und Abschleppwagen rumärgern müssen... -.-

Beehive
In diesem bienenkorbähnlichen Rundbau sind die Ministerialbüros, die Räume der Regierung und der Kabinettsaal untergebracht. Der Baustil des erst 1981 fertiggestellten Regierungsgebäudes ist bis heute umstritten, zumal es seinen Namen wohl nur der Bauform und nicht der Emsigkeit der Mitarbeiter verdankt. ;)

Rechts das Beehive und ein Kenotaph für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges  
Parliament House
An dem Barock-Gebäude aus Marmor und Granit direkt nebenan wären wir ehrlich gesagt fast vorbei gelaufen, ohne genau zu wissen, dass hier das neuseeländische Parlament tagt. Aber es gibt ja freundliche Passanten, die netterweise über die Unwissenheit von Touristen hinwegsehen und unsere Wissenslücken füllen können. :) So erfuhren wir, dass der Parlamentssaal im Inneren dem englischen Vorbild sehr ähnlich sein soll und der gesamte Komplex so unsymmetrisch wirkt, weil für den geplanten Südflügel in den 1920er Jahren das Geld nicht mehr reichte.

Beehive und Parlament. Auch diese Gebäude sollen übrigens
aufgrund ausgeklügelter Fundamente erdbebensicher sein. 


Nebenan ein altes Parlamentsgebäude  



Ganz in der Nähe befinden sich die Katholische Kathedrale (links), die wie ein Tempel aussieht, und zwei Anglikanische Kirchen, die unterschiedlicher nicht sein können: Der Bau der Wellington Cathedral of Saint Paul dauerte insgesamt 30 Jahre und war erst 1998 gänzlich abgeschlossen. Wir stehen also hier vor einer selbst für neuseeländischen Standard ultramodernen Kirche! Das Gebäude musste erdbebenschutztechnisch aus Stahlbeton errichtet werden (was allerdings nicht Form und Farbe rechtfertigt, oder?)

Eine sehr wuchtige, um nicht zu sagen hässliche Kathedrale 
 
Die hölzerne Kapelle an der Nordseite der Kathedrale wurde 1990 von ihrem ursprünglichen Standort, dem Stadtteil Paraparaumu, hierher versetzt
Nach diesem Ästhetik-Schock machten wir uns auf zum Vorgänger der heutigen Kathedrale und ihrem absoluten Gegenstück. Die Old Saint Paul's Church ist ganz aus heimischem Holz gefertigt und war eines der ersten Kirchengebäude in dem Gebiet. 1964 sollte die Kirche abgerissen werden, nachdem ihre Funktion an die neue Kathedrale überging. Durch Proteste konnte sie aber erhalten werden und wird heute noch für Hochzeiten und andere Zeremonien genutzt.

 

Mit fast schon wunden Füßen ging es dann wieder zurück in den Trubel der Innenstadt, wo wir am Bahnhof (links im Bild) vorbei zur Cuba Street liefen, eine der beliebtesten Straßen Wellingtons. Hier finden sich neben Cafés und Kneipen tolle Second-Hand-Shops, Läden mit originellen Geschenken, Tattoo-Studios, kleine individuelle Klamottenläden und und und. Fast jeden Abend kann man Live-Konzerten für jeden Musikgeschmack lauschen, was wir auch schon vor einigen Tagen mit Alida festgestellt hatten.
Und auch hier findet sich wieder das ein oder andere Kunstwerk mitten auf der Straße. :)

Bucket Fountain, ein spritziger Brunnen,
an dem man kaum trocken vorbeikommt! :)  



Relaxen in einem der Cafés


Natürlich lockt auch so langsam der Strand wieder. Naja, noch nicht zum Baden, aber immerhin... Mit Bum haben wir uns allerdings nicht auf den Sand getraut.

Titahi Bay, gleich bei unserem Host Mark um die Ecke

    






Wer in Wellington ist, kommt höchstwahrscheinlich auch nicht am Te Papa-Nationalmuseum direkt an der "Waterkant" vorbei. Der Eintritt ist frei und es gibt neben Infos über Geschichte, Kunst und Kultur Neuseelands auch ständig wechselnde Ausstellungen zu verschiedenen Themengebieten, Live-Veranstaltungen, literarische Lesungen und und und. Gegen eine kleine Gebühr kann man den "OurSpace High Ride" mitmachen, einen etwas anderen Ausflug in den neuseeländischen Alltag in einer Multimedia-Achterbahn, auch Bewegungssimulator genannt. Bei ihrem Wellingtonbesuch vor zwei Wochen hat sich sogar unsere liebe Rhonda hierher getraut und uns dann von ihren prägenden Erlebnissen erzählt ("Ich würde das NIE WIEDER machen!") und so mussten auch wir da rein - und haben es absolut nicht bereut: Es war soooo witzig! :) Jetzt wissen wir jedenfalls, wie es sich anfühlt, einen Fahrradunfall zu haben, in einer Schafherde festzustecken, einen Bungeejump vom Skytower in Auckland zu erleben oder einfach mal ein Rugbyball zu sein. Unsere Empfehlung: Mitmachen!

Neuseeländisches Buschland mitten in der Großstadt
Im "OurSpace"-Bereich kann man Neuseeland zu Fuß in 10 Sekunden durchschreiten. Die Karte wurde in einer zweijährigen Aktion aus 750m Höhe aufgenommen - und man kann sogar Sani auf Rhondas Terrasse liegen sehen. ;)   

Und ein ganzer Raum befasst sich mit dem Vertrag von Waitangi, der Geburtsurkunde Neuseelands von 1840. Er enthält die Unterschriften einiger Maori-Häuptlinge, die damit die Herrschaft der britischen Krone anerkannten. Der Vertrag sorgt aufgrund von Übersetzungsfehlern und unterschiedlichen Interpretationen bis heute für Furore.  
Was gibt's noch zu erzählen?
  • Claudi war am Mittwoch lecker mit Mark in der Innenstadt essen und danach im Hotel Bristol zum Couchsurfing-Meeting. Dort treffen sich jede Woche Couchsurfer aus aller Welt und ihre Hosts zu Drinks und Pool Billard. Eine coole Sache, wenn man allein reist und so einfach mal wieder ein paar Leute kennenlernen will.
  • Sani hat sich indes mit Sam, einem Freund aus "früheren Wellington-Tagen", zum Asiatisch essen getroffen. Leider können nicht alle Männer mit Stäbchen essen, so dass Sam nach zwei Stunden immer noch nicht satt war :D Unter seiner Anleitung sollten wir uns eigentlich auch zum ersten Mal zu einem Rugbyspiel trauen, das fiel allerdings leider dem Regen zum Opfer. ;)
  • Außerdem ist Wellington doch irgendwie "klein": Als wir eines Tages am Hafen von zwei Backpackern nach dem Weg gefragt wurden, erkannte uns eine der beiden. Caroline aus Belgien hatten wir in einem Hostel in Takaka (Golden Bay) kennengelernt und dort unsere Weinbau-Erfahrungen ausgetauscht... :) 
  • Und wir bleiben beim Frongsösiesch: Haben auch eine Claire aus Montpellier zum Poolspielen und später nochmal auf einen Kaffee getroffen.
  • Unvergessen auch eine Café-Tour mit Ed und Sam, einem homosexuellen Couchsurfing-Paar aus England/Malaysia! :)
Also bitte, wenn das mal kein internationaler Austausch ist! Alles in allem hatten wir also eine superpralle Woche, in der wir viele neue Leute kennengelernt haben! Und wieder einmal wünscht man sich, man hätte mehr Zeit, um noch länger hierzubleiben. Denn eins ist klar: Die Hauptstadt hat definitiv einen längeren Aufenthalt verdient.
Vorerst machen wir beide uns auf den Weg nach Norden, denn Auckland und Mamas Ankunft dort rücken immer näher!

Wir schicken euch ganz liebe Frühlingsgrüße in den nahenden deutschen Herbst und einen guten Start in die neue Woche! 

Eure Möchtegern-Wellingtonianerinnen :)

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