Freitag, 2. Dezember 2011

Taipa - Hoher Norden mal anders

Die Nacht im KeriCentral-Hostel in Kerikeri war unglaublich entspannend – im Doppelzimmer mit riesigem Bett und eigenem Badezimmer kamen wir uns wie Königinnen vor. :) Am Morgen hieß es dann ausgiebig zu frühstücken und die Lage im Ort zu checken. Leider hat uns die Hostelbesitzerin schnell davon überzeugt, dass wir zur falschen Zeit in Kerikeri sind. Die Fruitpicking-Saison beginnt hier erst im Januar und sämtliche Hostelgäste (auch hier wieder zum Großteil aus Deutschland) warteten bereits auf Jobzusagen sämtlicher Geschäfte, Restaurants und Bars. Deshalb haben wir uns nur noch schnell an den kostenfreien Kiwi und Orangen gütlich getan und ab ging die Post – weiter Richtung Nordcap. (Wen haben wir im Kericentral getroffen? Karoline, die ihr Abi 2011 am Franziskaneum gemacht hat. 25 gemeinsame Facebook-Freunde. ;) So klein ist die Welt…)

Um einen neuen Host für den Norden hatten wir uns schon einige Tage zuvor gekümmert, und er sagte, er sei flexibel und wir könnten anreisen, wann immer wir wollen. Gesagt, getan und somit hieß es wieder ab an die Straße, Daumen raus und lächeln. Mit dem Hitchhiking hatten wir dieses Mal besonders viel Glück. Schon der 2. Fahrer hatte einen Geschäftstermin in Coopers Beach, 5 Minuten von Taipa entfernt und konnte uns deshalb bis zum Ziel mitnehmen. Er war unglaublich freundlich, hat uns aber auch ans Herz gelegt, beim Trampen immer auf unsere Intuition zu hören. Da wir genau zur Lunchtime mit ihm unterwegs waren, hat er uns vorher in Mangonui noch auf das leckerste Fish&Chips überhaupt eingeladen – nicht zu vergleichen mit dem öligen Fraß in England! ^^
Bei Mike, unserem neuen Host, startete gleich das volle Programm. Kurz nach unserer Ankunft ging es zum ersten Touch (=Rugby ohne dieses schmerzhafte Tacklen) unseres Lebens. Am Spielfeldrand – Nein, uns konnte niemand überzeugen, mitzuspielen… – haben wir uns erst mal gefragt, warum Mikes Team „Bluz Bros“ heißt, aus lauter Polizisten besteht und schlimmer noch, warum neben uns zwei uniformierte Cops das Spiel verfolgen. So hohes Gefahrenpotential? Nein, verdammt, das verlorene Handy hätten wir auch gleich nach Taipa schicken lassen können, wenn wir gewusst hätten, als was Mike arbeitet… Nach dem Spiel (Sieg!) hat er uns kurz die Polizeistation gezeigt (viel Arbeit in Kaitaia, auch für Sozialarbeiter…), danach ging es mit ihm, seiner Schwester Amy und einer Kiste Bier an die Südspitze des Ninety Mile Beach, einem 64 Meilen langen Sandstrand, wo uns mal wieder ein atemberaubend schöner Sonnenuntergang erwartete. Nach ‘nem kurzen Abstecher zu Freunden haben wir den Abend dann zu Hause mit eisgekühlten Getränken und guter Musik ausklingen lassen. Eins ist nach wie vor klar: Couchsurfing ist das Beste, was man machen kann, wenn man auf Reisen ist!

Da Mike am nächsten Tag frei hatte, ging es gemeinsam im Familien-Van (es sollte nicht das letzte rote Vehikel während unseres Taipaaufenthalts sein^^) auf die Aupouri-Halbinsel, den nördlichsten „Finger“ Neuseelands. Wir sind sooo unglaublich froh, dass wir diesmal keine überteuerte Bustour gebucht haben, sondern mit Mikes Hilfe „auf eigene Faust“ gefahren sind. Ein paar Pizzabrote zum Mittag waren schnell gekauft, dann noch fix zwei Surfboards eingeladen (man weiß ja nie, wie die Wellen so drauf sind), vollgetankt und los ging's. Wie die Tourbusse sind wir mit ca. 70 km/h entlang des Ninety Mile Beach nach Norden gefahren. Links die Tasman Sea und viele außergewöhnliche Vögel, Seelöwen am Strand und ab und zu sogar ein paar Nordic (nennt man das auch hier so?) Walker, rechts wunderschöne Sanddünen mit Gräsern und Nadelhölzern. Und wir mittendrin. Atemberaubend.
Zwischendurch mussten wir einen kleinen Stop machen, weil der
weitere Weg noch durch das Meer abgeschnitten war, und auf Ebbe warten.


The Bluff: Vulkanisches Gestein direkt am Strand am Nordrand des Aupori-Waldgebietes.

Durch den Te Paki Stream kommt man bei Ebbe zurück ins Landesinnere und dann zum Cape. Vorher hieß es für uns aber noch, das steckengebliebene Auto anzuschieben und die riesigen Sanddünen hochzukraxeln (Platz 1: Mike, Platz 2: Sani – „Hey, you’ve done it, you beat your sister!“, Platz 5098: Claudi). Oben angekommen hatten wir nicht mehr das Gefühl, in Neuseeland zu sein, sondern vielmehr mitten in der Wüste. Der Sand-Board-Vermieter-Wagen war an dem Tag leider nicht da und Mikes Surfboardtasche eignete sich nur bedingt zum Düne-Runterrodeln, so dass wir uns nach dem beschwerlichen Aufstieg und kurzer Verschnaufpause einfach wieder runtergerollt haben.

Te Paki Stream

Auch Claudi hat es fast geschafft... ^^
 

Nach kurzer Mittags- und Badepause (Selbsterfahrung trifft es wohl eher…) am Tapotupotu Beach ging es dann weiter ans Cape Reinga, wo Pazifik und Tasman Sea aufeinandertreffen. Die absolute Nordspitze von Neuseeland, das North Cape mit den Surville Klippen, befindet sich etwa 30 km westlich von hier und ist nur zu Fuß erreichbar. Am Cape Reinga hängt jedoch der 800 Jahre alte Pohutukawa-Baum, der den Maori heilig ist: Von hier aus sollen die Seelen der Verstorbenen bei Sonnenuntergang in die Unterwelt (Reinga) eintauchen, um heimzukehren nach Hawaiki.

O-Ton Mike: „Mist, wenn sie geht, muss ich ja auch gehen!“ Verdammt, es war schweinekalt!

Blick auf Cape Reinga
The Meeting Point: Hier treffen Tasman Sea und Pazifik aufeinander.
Blick auf den Poutukawa-Baum

 


Auf unserem Rückweg – diesmal durch das Landesinnere der Halbinsel – hat uns Mike nebenbei noch schnell einen Job in einem Landwirtschaftsbetrieb in Awanui besorgt. Montag sollte es losgehen. Am Abend hieß es dann noch ab in den atemberaubend aufregenden Pub von Taipa, in dem Jung und Alt zusammentreffen, auch wenn noch so schlechte Coverbands gute Rockmusik verunstalten. Aber mit ausreichend Ale und netten Leuten ringsherum kann auch das spaßig sein. ;)

Am Samstag musste Mike arbeiten, hatte aber trotzdem Zeit, uns (nach dem Touch-Finale) in Uniform im Polizeiwagen - Sani auf dem Täterplatz - zu seinem Freund Graham zu fahren, der mit uns eine kleine Quad-Tour auf seinem Land unternehmen wollte. Gemeinsam mit seinen Eltern hat er ein riesiges Areal erworben und zieht aktuell ca. 100 Kälber groß. Leute, das war mit Abstand eines der lustigsten, aber auch schönsten Unternehmen während unserer Reise! Noch nie auf so ‘nem Teil (also Quad, nicht Kalb) gesessen, musste Gray uns erst mal ein paar Übungseinheiten verpassen – was unglaublich unangenehm war, denn seine 9-jährige Tochter Kylie kurvte die ganze Zeit mit ihrem eigenen Quad um uns herum. :) Dann ging’s mit einer Höchstgeschwindigkeit von 17km/h in Begleitung drei fröhlicher Hündchen über Stock und Stein, durch Berg und Tal und durch reißende Ströme.

Mitten auf seinem Grundstück hat Graham einen entzückenden Wasserfall! :)




Hier gibt es noch einen einzigen Kauribaum (oben links im Bild) auf dem Grundstück. Er ist einer der ältesten Bäume Neuseelands und steht unter Naturschutz.


Fahrprüfung bestanden. Diesmal ohne Angstschweiß auf der Stirn, sondern mit Lachtränen in den Augen!

Ausblick - all das gehört der Familie. Hierhin würden wir uns immer mit 'nem Kaffee und einem guten Buch verkrümeln!
Die Kaurischnecken sind etwas größer als die Schnecken in Deutschland...
Die schööönen grüüünen Chucks!
... und Quellen gibt's hier auch. Leider musste Claudia von Graham aus'm Schlamm(assel) gezogen werden...



Nach der Tour gab’s ‘ne Schuhdusche für Claudias heilige Chucks, Saft uns Kekse und ein cooles Gespräch mit Grays Eltern. :) Mit unserem „Kaitaia Free Taxi“, wie Mike seinen Dienstwagen genannt hat, sind wir dann zurück nach Taipa gefahren. Mike hat uns erzählt, dass er einen coolen roten Truck an der Straße gesehen hat, der zum Verkauf angeboten wird und er für uns Fotos gemacht hat, die er uns zu Hause zeigen will. Cool oder? Wir sind vorher aber am Strand ausgestiegen, um dort noch etwas rumzustiefeln – Taipa liegt an der wunderschönen Doubtless Bay und wieder waren wir unglaublich begeistert von Strand, Gestein, Meer und Hügeln! Ein paar Hippies von der „Fern Flat“ (Farn-WG) in Taipa haben uns dann mit nach Hause genommen. Ein wunderbarer Tag!



Sonntag sind wir gemeinsam mit Verwandten von unserem Host zum nahe gelegenen Wasserfall gefahren. Von der Straße aus kann man dort 8m in die Tiefe springen, Claudia hat sich allerdings für die Anfängervariante von 4m entschieden. Nachmittags ging‘s noch an den nahegelegenen Lake Ngato zum Wakeboarden mit Freunden und Mike hat erzählt, dass der Truck einem Freund von ihm gehört und Claudia jetzt gleich ‘ne Probefahrt machen könnte. Gesagt, getan. Graham und Mike haben außerdem gleich vor Ort alle mechanischen Dinge gecheckt und uns davon überzeugt, dass der Truck sein Geld wert ist. Noch Fragen?




„Mit dem Truck kommt ihr überall hin. Und damit wären wir auch nicht im Fluss stecken geblieben.“ ;)
Montag bis Donnerstag haben wir dann bei Masters Brothers in Awanui gearbeitet. Die ersten beiden Tage waren verdammt hart. Eigentlich ging es anfangs nur darum, riesige Felder mit jungen Wassermelonen vom Weed (besser bekannt als Unkraut) zu befreien. Jeder hatte eine ca. 200m lange Reihe zu bearbeiten und wenn man mit dieser fertig war, ging es mit der nächsten weiter. Das war sooo nervig. 9 bis 10h pro Tag übergebeugt zu arbeiten, sich dabei trotz bestem Sonnenschutz Ohren, Rücken und Schultern zu verbrennen und vom Staub auf dem Feld nur so umhüllt zu werden, hat die Arbeit nicht gerade angenehm gemacht. Außerdem war man auf seiner Reihe ständig allein, denn da jeder sein eigenes Tempo hat (um nicht zu sagen, dass wir verdammt langsam waren), hatte man keinen zum Quatschen. Eine Schande! xD
An anderen Tagen mussten wir z.B. Kürbisse aufsammeln, die die anderen gepflückt haben, uns diese zuwerfen und in riesige Tonnen am Traktor werfen, der die ganze Zeit neben uns hergefahren ist. Außerdem haben wir Fließbandarbeit gemacht, wo die Kürbisse gewaschen wurden und wir sie schnell nach einem bestimmten System in Körbe für den Verkauf packen mussten (Tetris-Kenntnisse sind hier besonders hilfreich!). Eine andere Aufgabe war es, die Felder (hatten wir schon erwähnt, dass diese RIESIG waren?) mit jungen Melonenpflanzen zu bestücken.
Unser Team bestand aus ca. 10 Leuten zwischen 20 und 25, darunter 2 Uni-Studenten aus Auckland, Stefan, einem anderen Backpacker aus Augsburg, und ein paar Maorijungs und -mädels, die hier in der Umgebung wohnen und schon seit Jahren für die Firma arbeiten. Wir alle haben nichts mehr entgegengefiebert als dem Feierabend, zumal Charlotte, unsere Anleiterin, (von uns beiden liebevoll der 8-zähnige Drachen genannt) unglaublich unnachgiebig war, was kurze Verschnaufpausen anging.

Das Gute an der Arbeit ist, dass man am Abend unglaublich kaputt ist und gar nicht erst in die Versuchung kommt, sein hart verdientes Geld auszugeben. Mike hatte in der Woche sowieso Nachtschicht, so dass wir uns abends immer nur schnell was zu Futtern eingeworfen und es uns mit einem seiner 1000 Filme vor dem Fernseher gemütlich gemacht haben, bevor wir gegen 10 völlig geschafft ins Bett gefallen sind.

Feierabend!
Mikes Garten ;)
Freitagmittag hieß es nach einem letzten Cafébesuch in Taipa, ausgestattet mit eigenem Auto und einer neuen Reiseroute dann mal wieder Abschied zu nehmen von einem coolen Couchsurfer, der alles dafür getan hat, uns eine lustige und aufregende Zeit in Neuseeland zu verschaffen! ;)

On the road again!


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