Montag, 23. Juli 2012

Invercargill tief im Süden: Die Sonne gibt den Takt an

Das neueste Kapitel unserer Neuseelandreise heißt "Invercargill". Ein großer Teil der hiesigen Bevölkerung ist schottischer Abstammung; auch Rhonda aus Nelson hat ein "Mc" im Nachnamen und ist hier aufgewachsen - kein Wunder also, dass es diesmal sie war, die uns mit Kontakten zum Übernachten versorgt hat! :)
Mit einer herzlichen Umarmung wurden wir bei unserer Ankunft am Samstagnachmittag von Carol begrüßt. Sie ist eine der ältesten Freundinnen Rhondas und die beiden halten seit etwa 40 Jahren den Kontakt zwischen dem Norden und der südlichsten Stadt der Südinsel. Auf die Frage, wie lange wir denn bleiben könnten, sagte Carol nur: "Wie lang ist ein Stück Strick?", und so begannen hier zehn wundervolle Tage voller schöner Erlebnisse - einschließlich einem ganz anderen Gottesdienst, Stricklehrgang, kommunalem Freiwilligendienst, einem Wiedersehen mit einem alten "Fisch-Kollegen", einer Herr-Der-Ringe-Session mit Glühwein bei einer waschechten Dresdnerin, einem unvergesslichen Geburtstag und unseren üblichen Sightseeing-Touren! :)

Invercargill an sich hat nicht ganz so viel zu bieten wie vielleicht die Studentenstadt Dunedin. Trotzdem gab es jeden Tag was zu unternehmen. Empfehlenswert sind zum Beispiel die Parks und Gärten der Stadt, selbst jetzt im Winter. 

Anderson Park einige Kilometer nördlich vom Stadtzentrum war ab den 1920er Jahren der Wohnsitz des stadtbekannten Unternehmers Sir Robert Anderson. Die herrschaftliche Villa im Zentrum des Parks, die darin befindlichen Gärten und ein kleines Waldgebiet gingen nach dessen Tod als Schenkung an die Stadt Invercargill. Heute beherbergt die Villa eine wunderbare Kunstgalerie, die neuseeländische Kunst aller Epochen - von bizarr bis wunderschön - zeigt. Das erste, was wir allerdings entdeckten, war eine stolze Sammlung Meißener Porzellans... ^^ 


Kunst gab's aber auch draußen zu entdecken... Außerdem einen zu dieser Jahreszeit ziemlich unspektakulären Rosengarten, viele verrückte Enten und einen kleinen Waldwanderweg mit heimischen Bäumen. Fazit: Wenn wir groß sind, wollen wir auch so ein Anwesen haben.

Mitten im Stadtzentrum und fast direkt vor Carols Haustür befindet sich der Queen's Park mit seinen verschiedenen Themengärten, einem kleinen Zoo und Vogelhaus, Wintergärten, dem Museum mit Kunstgalerie, einem Café und verschiedenen Sportstätten (Bowling, Krocket, Cricket etc.). Im Sommer muss es hier zauberhaft sein, auch wenn ein bronzener Peter Pan schon jetzt einen Hauch von Fantasy hierher zaubert... :)

Da geht's doch glatt mit einem durch...


"So einen will ich haben!"
(Sandra, fast 21)

Invercargill wurde 1856 von Stadtplanern auf geometrischem Grundriss angelegt. Auch wenn der Stadt noch immer ein recht provinzieller Ruf vorausgeht, findet sich trotzdem viel Kultur, viele Kirchen, ein wunderschönes Theater, nette Bars und Cafés und ein kleiner Stadtrundgang ist absolut lohnenswert. Der naheliegende Oreti Beach ist ebenfalls ziemlich schön, wenn man einfach ein bisschen am Strand "vor sich hinlaufen", den Wellen zusehen oder einen Blick auf Stewart Island, die drittgrößte Insel Neuseelands, werfen möchte.

Alle Kirchen hier wurden in Ziegelbauweise
errichtet: Katholische Baslika Saint Mary's
von 1905


Bank of  New Zealand
Obwohl die typisch neuseelänidsche Innenstadt so ganz anders aussieht als in Deutschland, haben wir uns daran gewöhnt. Kann mal jemand einen Deutschland-Blog für uns eröffnen?


Unter diesem Regenschirm im Zentrum sind alle Familien der Stadt in Stein gemeißelt - bei immerhin 50.000 Einwohnern eine Menge Pflastersteine! ^^ Aber ein sehr schönes Symbol! Und natürlich haben wir auch Carols Namen gefunden! :)
Civic Theatre
Bei Carol haben wir uns verdammt schnell eingelebt. Ein eigenes Zimmer, 'ne gemütliche Wohnküche und gleich nach der Begrüßung die Worte "Fühlt euch wie zu Hause"... Gesagt, getan! Gleich am ersten Tag sind Claudi und Carol gemeinsam zum Gottesdienst in ihrer Methodistengemeinde gefahren. ("Ah, Carol hat ein German girl mitgebracht!") Dort wurde erstmal von zehn Seiten berichtet, dass noch eine Deutsche Mitglied der Gemeinde ist. Die betreffende Person war schnell gefunden und anhand ihres Dialekts eindeutig als Dresdnerin überführt. ;) Außerdem haben wir Carols Familie kennengelernt: Ihre Tochter Rachael, deren Mann Keith und die beiden 13-jährigen Zwillinge.

Gemeinsam beim Arts Market im Velodrome von Invercargill.
Erst vor 6 Jahren eröffnet, ist es die einzige Hallenradrennbahn
Neuseelands und vor Kurzem wurde hier noch für die
Olympischen Spiele trainiert.

Unvergessen bleibt auch der geplante Filmeabend mit einer "Herr der Ringe"-Session. (Ja, Claudia hat sich endlich getraut!) Es sollte der perfekte DVD-Abend werden: Von Susanne aus Dresden hatten wir uns die Trilogie auf Deutsch ausgeliehen, nachdem wir - Dresdener Glühweingewürz sei Dank - gemütlich den ersten Teil bei ihr und ihrem Mann geschaut hatten. Carol hatte ihr halbes Wohnzimmer verrückt, damit wir alle drei gute Fernsicht haben und geschmacksneutraler Mais poppte bereits im Kochtopf. Da wir anders als die Kiwis unser Popcorn lieber süß als salzig mögen, wollte es Sani exquisit mit Zucker verfeinern. Blöd nur, wenn man statt nach Puderzucker fälschlicherweise nach Backpulver greift. Claudia ist immer noch schlecht.

Und weitere Highlights der Woche:
  • Carol kocht das beste Chinesisch unseres Lebens :)
  • Internationaler Austausch: "We have handball in Germany." - "Oh yeah, right, we have it, too. We call it volleyball!" xD
  • Wir treffen Sanis Schichtablösung vom Boot: Micheal (Ja, der wird wirklich so geschrieben!) aus Invercargill
  • Eine Nadel und viel Tinte ;)
  • Stricklehrgang - das erste Haarband ist fertig!
  • Wir hören endlich das neue Wise Guys-Album
  • Wir helfen Carol bei ihrem allwöchentlichen "Meals on Wheels"-Dienst und beliefern alte Leute mit Mittagessen und Nachtisch!
  • Fast täglich bekommen wir Besuch von Rach und den Zwillingen (die übrigens 'ne hammercoole Schuluniform mit noch viel cooleren roten Schuhe haben - Claudia hätte ein Paar haben können, wenn sie nicht so große Füße hätte...)
  • Beste Entscheidung der Woche: Sanis Geburtstag wird in Invercargill gefeiert!

      


Ein weiterer Programmpunkt war Bluff, die südlichste Siedlung der Südinsel und somit das Pendant zu Cape Reinga in Northland. Dort hatte uns vor etwa 8 Monaten unser Host Mike schon von Bluff erzählt. Aufmerksame Blogleser wissen allerdings, dass das hier nicht der südlichste Punkt der Südinsel ist; der befindet sich einige Kilometer entfernt am Slope Point in den Catlins. Stattdessen beginnt (oder endet?) hier der State Highway 1, der sich durch das ganze Land zieht. Vom Hafen aus kann man die Insel Stewart Island erreichen. Sie ist mit ihren nur 600 Bewohnern hauptsächlich von Wald und Gebirge geprägt und eher etwas für Liebhaber absoluter Entspannung oder von Wandertouren. Uns waren die $140 pro Person für die Fähre aber zu viel Geld, nur um sagen zu können, man sei dort gewesen. Auch die delikaten Bluff-Austern, Spezialität der Gegend, konnten uns nicht aus der Reserve locken. Stattdessen haben wir am sogenannten Stirling Point gehalten und uns von dort zu einem kleinen dreistündigen atemraubenden Bushwalk aufgemacht. Der führte entlang der Küste hinauf zum Bluff Hill, von dem aus man einen wunderbaren Ausblick hat.

Am Stirling Point finden wir wieder einmal einen Mast mit 12 Hinweisschildern in alle Welt, unter anderem zum 1401 km entfernten Cape Reinga.

      

Claudia vor Stewart Island
Aussichtsplattform auf dem Bluff Hill: Blick auf Bluff, den Hafen und die sonst ziemlich raue Foveaux Strait
Und da wir ja nun selbst seit ein paar Wochen begnadete Fischerinnen sind, statteten wir auch dem Hafen und einer Zweigstelle unseres letzten Arbeitgebers einen Besuch ab. ;)

 

Höhepunkt der Woche war aber nicht die erneute Begegnung mit Sanfords, sondern der 22. Juli 2012: 
Sani turns 21!

In Neuseeland wird der 21. Geburtstag traditionsbegründet groooß gefeiert. Zwar bekommt der neuseeländische Bürger seit einigen Jahren inzwischen auch schon mit Vollendung des 18. Lebensjahres alle Rechte und Pflichten eines Volljährigen zugestanden. Aber die Kiwis nehmen (Achtung, unterschwellige Kritik) scheinbar jede Entschuldigung an, sich volllaufen zu lassen, so dass der 21. immer noch DER Grund zum Feiern ist (genau wie der 18., der 20., der 25., ...)!

Wir haben uns ganz nach unserer Tradition für ein gemütliches Sonntags-Geburtstags-Geschenke-Frühstück zu zweit, Geburtstagsplätzchen backen (schließlich ist ja Winter!), einen entspannten Tag im Park und ein wundervolles Pizza-Abendessen mit Carol, Rach und Co. entschieden. Und ganz ehrlich, das war wohl der beste Geburtstag, den man im Ausland haben kann: In lieber Gesellschaft mit einer kleinen Rede von Keith ("Wir wissen es zu schätzen, dass wir deinen 21. Geburtstag mit dir feiern dürfen und trinken auf dein Wohl!"), der besten selbstgemachten Pizza (Danke, Jamie Oliver!), einer wunderbaren Geburtstagstorte und dem Gefühl, auch am anderen Ende der Welt Teil einer Familie sein zu dürfen! 

Olivea und Millie machen alles gemeinsam...
(Man achte auf den Hintergrund: "Und wer macht jetzt den Ofen auf?")
Dazu Anrufe aus Deutschland (Danke Papa, Oma und Opa - wir hoffen, die Telefonrechnung war zu verkraften...) und abends dann noch einmal eine kleine Skypesession mit Daheim! (Danke an Mama, Oma und Opa, und die liebsten Cousinen! Valerie, die neue Friese ist cool!)
Dass der Abschied nach so einer schönen Woche mehr als schwer fällt, müssen wir wohl nicht extra erwähnen. Zwar zählt Invercargill nicht zu dem Spektakulärsten, was Neuseeland zu bieten hat (und statistisch gesehen ist keine Stadt des Landes so wolkenverhangen, was man bei unseren Sonnentagen gar nicht glauben kann). Aber wir bestätigen hiermit das ungeschriebene Gesetz, das uns schon von sämtlichen Seiten zugetragen wurde: Je südlicher man in Neuseeland kommt, desto netter werden die Leute. 

Bis bald! Eure Sani und Claudi

 

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